Der Mythos langfristig steigender Aktienkurse und die Wirkung der Finanztransaktionssteuer auf die private Altersvorsorge

22.10.2012 16:09

Die Finanztransaktionssteuer, deren Idee wir nie ganz begraben glaubten, trat in der letzten Woche aus dem Nichts wieder in Erscheinung. Elf Euro-Länder haben sich darauf geeinigt eine entsprechende Steuer einzuführen. Gibt es bei dieser Steuer im kommenden Jahr eine Einigung, dann könnte diese bereits Anfang 2014 erhoben werden. Bei dieser Steuer handelt es sich um eine Vermögensabgabe, ungleich der Abgeltungssteuer, die bekanntlich „nur“ mindestens 25% der nominalen Gewinne für den Staat konfisziert. Der Wegezoll der Transaktionssteuer in Höhe von 0,1% auf Aktien und Anleihen sowie 0,01% auf Derivate wird jedes Mal fällig, wenn ein Bürger ein Wertpapier erwirbt oder veräußert. Somit entreisst der Staat dem Sparer bei jedem Aktiendeal 0,2% seines Vermögens, ganz gleich ob er dabei einen nominalen Gewinn oder Verlust verbuchen konnte. In den Medien wird propagiert, dass die Folgen für Kleinanleger überschaubar wären, was eine völlig falsche Einschätzung ist. Die Unterscheidung zwischen der nominalen und realen Kursentwicklung der Aktienmärkte ist dabei die Krux, die oft nicht deutlich genug oder zumeist gar nicht gesehen wird, da man grundsätzlich von falschen realen Steigerungsraten der Aktienmärkte und der Wirtschaft ausgeht, da diese durch die Inflation der Geldmenge verzerrt werden 

Wenn ich früher schrieb, dass nach Einführung der Transaktionssteuer die Kapitalbildung zur Altersvorsorge kaum mehr möglich sein wird, dürfte sich manch einer gefragt haben, ob ich dabei nicht etwas übertreiben würde, da die jährliche durchschnittliche Rendite am Aktienmarkt viel höher wäre, als das, was die Transaktionssteuer nähme. Entgegen dem allgemeinen Irrglauben steigen die Aktienmärkte langfristig real nicht mehr als 1% bis 2% im Jahr, wenn man eine Transaktionssteuer und eine Abgeltungssteuer unberücksichtigt lässt. Bezieht man diese Steuern jedoch mit ein, so sind reale Gewinne kaum mehr möglich und Lieschen Müller verliert in den meisten Fällen langfristig an der Börse ihr angespartes Kapital.

Der folgende Chart zeigt den ältesten Aktienindex, den Dow Jones Industrial Average, der einmal um die Preissteigerungsrate nach der Berechnung des US-Consumer-Price-Index (grüner Kursverlauf) und einmal um die Abwertung des Dollars zur Unze Gold (blauer Kursverlauf) deflationiert wurde. Berücksichtigt man die offiziell ausgewiesene Preissteigerungsrate, so stand der Dow Jones zum Ende September 2012 erst bei 556 anstatt bei 13.000 Zählern, wobei dieser 1913 schon bei 61,33 Zählern stand. Mit der „Buy and Hold“ Strategie waren also nur 2,25% per annum in einem Jahrhundert zu erzielen. Deflationiert man den Dow Jones mit der Preisveränderung von Gold, so stünde der Index heute nur bei 159 Zählern, was einer mageren Rendite von 0,97% pro anno entspricht. Bildet man einen gleitenden Durchschnitt über 40 Jahre, so beträgt die aktuelle Kursrendite 1,46% im Jahr.

Außer Spesen nichts gewesen

Während aus einem Investment von 10.000 USD im Jahr 1913 nach dem nominalen Dow Jones stattliche 1.898.020 USD wurden, so sind es inflationsbereinigt um den CPI nur noch 82.423 USD und deflationiert um die Preisveränderung von Gold nur noch 26.319 USD auf 99 Jahre. Die Abwertung des US-Dollars zum Gold dürfte dabei dem realen Kaufkraftverlust des US-Dollars am nahesten kommen. Nimmt man nun an, dass man durchschnittlich lediglich zwei Aktiendeals für sein Portfolio im Jahr macht, so fällt eine jährliche Finanztransaktionssteuer in Höhe von 0,4% des Vermögens an. Mit dieser Steuer wären aus 10.000 USD in 1913 im Dow Jones CPI nur 55.389 USD und deflationiert um Gold nur mikrige 17.491 USD nach fast 100 Jahren geworden. Dies entspricht einer Jahresrendite von nur 1,7% (CPI deflationiert) oder 0,56% (Gold deflationiert). Berücksichtigt man nun noch die Abgeltungssteuer auf nominale Kursgewinne von mindestens 25%, so ergibt sich nach der CPI-Berechnung eine Rendite von 0,35% und nach der Deflationierung um die Preisveränderung von Gold eine durchschnittliche Minusrendite von -1,14%! Damit verliert Lieschen Müller auf 99 Jahre real sogar mit nur noch 2.476 USD, die ihr übrig bleiben, rund 75% ihres Vermögens, da der Rest vom Staat konfisziert wurde. Sieht man sich noch einmal den Chart an, so wird klar, dass Lieschen Müller meist auch nicht zum Tief in den Aktienmarkt einsteigt, sondern ihr mit der Masse der Bevölkerung jeweils zum Top der Aktienmarkt schmackhaft gemacht wird, mit dem sie dann in den finanziellen Abgrund fährt.

 

Ließchen Müller verliert immer

Die Transaktionssteuer in Verbindung mit der Abgeltungssteuer bildet ein Umfeld, in dem die Akkumulation von Kapital zur Altersvorsorge über die Aktienmärkte für den Normalbürger extrem schwer oder fast unmöglich geworden ist. Auch wenn man Dividendenzahlungen und deren Thesaurierung berücksichtigen würde, so dürfte eine durchschnittliche Dividendenrendite von 1% bis 1,5% vor Abzug der Steuern im besten Fall die Auswirkungen der Besteuerung der Kursgewinne ausgleichen. Mehr als 0,5% bis 1% Rendite per annum sind unter extrem langfristigen Betrachtungen nicht realistisch. Da dies die reale Marktperformance ist und der Großteil der Fonds und Investoren den Markt nicht schlagen, dürfte der reale Kapitalerhalt schon das „Best-Case-Szenario“ für die Masse sein. Dazu kommt, dass die Mehrheit der Anleger immer zum Top in den Markt getrieben wird und für diese deshalb ein Investment in Aktien langfristig immer mit einem großen realen Kaufkraftverlust enden dürfte. Privatanleger, die kontinuierlich und aktiv handeln und dabei den Markt schlagen, gibt es sicherlich, doch bilden diese die Ausnahme und sind in der Gesamtbetrachtung irrelevant. 

 

Die Transaktionssteuer ist nur eine weitere überflüssige Steuer

Selbst in den Mainstream-Medien wurde die Transaktionssteuer als nutzlos gegen die Krise und als zusätzliche Steuer für den Bürger dargestellt. Die Politik schröpft das bereits versteuerte Vermögen weiter und die Sozialisten haben eine neue Möglichkeit um das Vermögen der Bevölkerung zu konfiszieren und dies der Masse dank öffentlich-rechtlicher Medien auch noch als Instrument zur Bekämpfung der Krise zu verkaufen. [sic!] Selbst bei dem Kauf von Fonds oder Lebensversicherungen muss der Sparer indirekt die Transaktionssteuer bezahlen. Auf die staatliche Rente ist wegen der Misswirtschaft des Staates kein Verlass und gleichzeitig nimmt man mit dieser Steuer nun dem Bürger die Möglichkeit privat selbst Vorsorge für das Alter zu treffen, da er schon im Kapitalbildungsprozess mit zwei Steuern dem deutschen Michel in die Tasche greift. Der Zinseszins kann durch die ständige Entnahme über die Finanztransaktionssteuer erst gar nicht richtig greifen.

Da es sich bei der Transaktionssteuer um eine Umsatzsteuer handelt, sind nicht die Banken, sondern alleinig die kleinen Sparer von dieser betroffen. Die Spekulation wird tatsächlich gehemmt, da sich viele Geschäfte nun nicht mehr rentieren werden. Dies aber vermindert lediglich die Liquidität und unterbindet gleichzeitig die aktienkursglättende Wirkung erfolgreicher Spekulation, was eine negative Wirkung auf die Produktion der Wirtschaft und somit auf die Güterversorgung der Bürger hat. Die Sozialisten haben mit ihrem begrenzten Sachverstand wieder ganze Arbeit geleistet, da sie die Verursacher der Krise schützt, dem Staat Mehreinnahmen auf Kosten des kleinen Mannes bringt, die private Altersvorsorge für die Masse unmöglich macht und die Effizienz und Produktivität der Märkte verringert, was die Güterversorgung der Bevölkerung weiter verschlechtert. Den Sozialismus in seinem Lauf, halten eben weder Ochs noch Esel auf. Man kann froh sein, dass es bisher nur 11 Unterzeichnerstaaten gibt, sodass es mit etwas zusätzlichem Kostenaufwand möglich ist, diese Steuer zu umgehen. Für den kleinen Sparer, der in strukturierte und staatlich zertifizierte Produkte zur Altersvorsorge investiert, wird dies jedoch nicht möglich sein, womit die Masse der arbeitenden Bevölkerung direkt von der Enteignung betroffen sein wird. Nur ganz wenige professionelle Trader und Investoren, die in der Lage sind die mittelfristigen Trends aktiv zu handeln, können Geld aus dem System ziehen. Jene, die dies wirklich schaffen, sind in der Masse jedoch verschwindend gering und im Vergleich zu dem Kapital, das der Staat konfisziert bedeutungslos. 

 

Die Spekulation mit Nahrungsmitteln

Da ich eben die Vorteile der Spekulation ansprach, möchte ich an dieser Stelle auch kurz auf die Spekulation mit Nahrungsmitteln eingehen. Hierbei verhält es sich ebenso, dass eine Begrenzung oder gar eine Abschaffung der Spekulation auf Agrarrohstoffe zu einer massiven Effizienzverringerung des Terminmarkts führt. Risiken von Produzenten und Konsumenten können kurzfristig nicht mehr so effizient von Spekulanten übernommen werden, was an sich bereits die Produktionsbedingungen erschwert und damit das Angebot verringert. Nebst der viel geringeren Liquidität würden sich die Kursausschläge vergrößern, da temporäre Nachfrage- oder Angebotsüberhänge nicht ausgeglichen werden könnten. Dies erhöht die Unsicherheit für die Produktion weiter, was dazu führt, dass Viele das Risiko nicht mehr tragen können, diese die Produktion daraufhin verringern oder einstellen werden und somit das Angebot negativ beeinflusst wird, was zu dauerhaft höheren Preisen führen muss. Die Vorstellung, dass Spekulanten für dauerhaft höhere Preise an den Agrarmärkten verantwortlich wären, ist völliger Blödsinn, da diese Fähigkeit nur die Notenbanken mit der Ausweitung der Geldbasis besitzen. Die bekannten „Finanzexperten“ und Makler, die lauthals in den Medien die Spekulation mit Agrarrohstoffen als Verbrechen anprangern und deren Verbot fordern oder gar für eine staatliche Preisfixierung votieren, sind diejenigen, die mit der Nahrungsmittelversorgung der Welt und so mit dem möglichen Hungertod von Millionen spielen. Diese Leute werden medial in Talkshows hofiert, da diese bewusst oder unbewusst fachlich falsch argumentieren und somit dem sozialistischen Staat durch die Beeinflussung der Massen in die Hände spielen. Die Spekulation war noch nie die Ursache der Probleme, sondern immer der Staat, der sich anmaßt die Preise, die Produktion und die Bedürfnisse der Menschen besser zu kennen und planen zu können, als jeder für sich selbst. Soll die Wirtschaft wieder auf tragende Beine gestellt werden, so Bedarf es nicht mehr, als dass sich der Staat aus dem Leben und Wirtschaften der Bürger wieder zurückzieht und diesen wieder die Freiheit lässt unternehmerisch Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen, ohne diesen Prozess bereits durch Steuern, Inflation und Planwirtschaft, sowie Abgaben und Regelungen im Keim zu ersticken. Wir brauchen weniger Staat und mehr Freiheit.

Transaktionssteuer als Mittel gegen HFT (High Frequency Trading)?

Oft wird darauf verwiesen, dass der Hauptgrund der Finanztransaktionssteuer ja „die Verhinderung von Hochfrequenz-Trading im Millisekundenbereich und darunter wäre.“

Den Hochfrequenzhandel in seinen verschiedensten möglichen Formen mit den sich daraus ergebenden Vor- und Nachteilen zu beleuchten, ist für die Beurteilung der Finanztransaktionssteuer irrelevant. Selbst wenn die Betreiber von Börsen zu dem Schluss kämen, dass der Hochfrequenzhandel in einigen Formen unkalkulierbare Risiken tragen und die Effizienz der Märkte beeinträchtigen würde, so wäre die Besteuerung aller Marktteilnehmer durch den Staat wohl der falscheste Ansatz, den man hierbei verfolgen könnte. In dem Richtlinienentwurf des EU-Parlaments wurde die Verpflichtung für Börsenbetreiber aufgenommen, Orders mindestens 0,5 Sekunden lang zu halten, was eine gezielte und viel effizientere Maßnahme ist. Damit würden die HF-Trader den Banken und Market Makern nicht mehr so leicht die Butter vom Brot nehmen können und auch diese zufrieden sein. Dass der Staat eine Finanztransaktion besteuert, ist völliger sozialistischer Unsinn, der weder die Ursachen der aktuellen Krise, die auch selbst beim Staat zu suchen sind, bekämpft, noch einen sonstigen Nutzen hat, außer dass der Staat das Vermögen der Bürger für seine sozialistischen Utopien verplanen könnte. Der staatliche Kampf gegen vermeintlich böse Spekulanten und entfesselte Märkte ist nicht mehr als eine Ablenkung von der eigenen Schuld an der Misere und die Möglichkeit das Vermögen der Bevölkerung zusätzlich enteignen, um die Rekapitalisierung der Banken besser finanzieren zu können - nicht mehr und nicht weniger.      


Rechtliche Hinweise und Fußnoten einblenden

Blaschzok Research Newsletter